Was ist besser als der Herde zu folgen?
Ist es eine gute Idee, auf aktuelle Trends zu setzen? Ich sage: Das kann unter Umständen für Unternehmensentscheider zum Erfolg führen. Unternehmensentscheidungen sollten aber nicht ausschließlich auf Grundlage des sogenannten „Herdentriebes“ erfolgen!
Eine schöne Definition von „Herdentrieb“ gibt es auf der Website www.deltavalue.de:
„Der Herdentrieb (englisch: Bandwagon Effect), auch bekannt als Mitläufereffekt, beschreibt ein Phänomen, bei dem Menschen ihre Handlungen denen einer Gruppe anderer Menschen anschließen, ohne sich eine eigene unabhängige Meinung zu bilden. An der Börse lässt sich der Herdentrieb häufig im Zuge von Panikkäufen oder Panikverkäufen beobachten, die in der Regel zu einer Preisblase oder einem Börsencrash führen. Die Begründung dieser Käufe oder Verkäufe liegt hierbei nicht in einer eigenen Analyse, sondern in den Handlungen anderer Anleger.“
In dieser Definition zeigt sich auch der Fehler vieler Unternehmens-Entscheidungen: Sich die eigene Analyse sparen und sich auf die zum Teil emotionalen Handlungen Anderer verlassen!
Und diese Handlungen beruhen zu einem großen Teil auf falschen Fakten oder einer Ausgangslage, die nichts mit Ihrem Unternehmen zu tun hat.
Was meine ich damit?
Prof. Lars Feld machte kürzlich in seinem Pioneer Podcast einen schönen Vergleich zwischen Physik und Wirtschaftswissenschaften.
- Ein fallender Stein folgt seiner Flugbahn im Rahmen der 𝗚𝗲𝘀𝗲𝘁𝘇𝗲 𝗱𝗲𝗿 𝗣𝗵𝘆𝘀𝗶𝗸.
- Egal, welche Prognosen Menschen dazu machen – die Schwerkraft wird 𝘃𝗼𝗻 𝗺𝗲𝗻𝘀𝗰𝗵𝗹𝗶𝗰𝗵𝗲𝗻 𝗣𝗿𝗼𝗴𝗻𝗼𝘀𝗲𝗻 𝗻𝗶𝗰𝗵𝘁 𝗯𝗲𝗲𝗶𝗻𝗳𝗹𝘂𝘀𝘀𝘁.
- Anders ist es mit 𝘄𝗶𝗿𝘁𝘀𝗰𝗵𝗮𝗳𝘁𝘀𝘄𝗶𝘀𝘀𝗲𝗻𝘀𝗰𝗵𝗮𝗳𝘁𝗹𝗶𝗰𝗵𝗲𝗻 𝗩𝗼𝗿𝗵𝗲𝗿𝘀𝗮𝗴𝗲𝗻: Sie 𝗸ö𝗻𝗻𝗲𝗻 𝗙𝗮𝗸𝘁𝗲𝗻 𝘃𝗲𝗿ä𝗻𝗱𝗲𝗿𝗻!
- Einige 𝗠𝗲𝗱𝗶𝗲𝗻 lieben Prognosen und 𝘀𝗲𝘁𝘇𝗲𝗻 𝘃𝗼𝗹𝗹 𝗮𝘂𝗳 𝗘𝗺𝗼𝘁𝗶𝗼𝗻 für den Leser und 𝗽𝗿𝗼𝗽𝗵𝗲𝘇𝗲𝗶𝗲𝗻 „𝗗ü𝘀𝘁𝗲𝗿𝗲𝘀“ wie Crash und Finanzkrise.
- Kurz gesagt: 𝗥𝗲𝗮𝗹𝗲 𝗚𝗲𝗳𝗮𝗵𝗿𝗲𝗻 𝘄𝗲𝗿𝗱𝗲𝗻 𝗱𝘂𝗿𝗰𝗵 Ü𝗯𝗲𝗿𝘁𝗿𝗲𝗶𝗯𝘂𝗻𝗴 in der Bewertung und Berichterstattung 𝗶𝗻𝘀 𝗘𝘅𝘁𝗿𝗲𝗺𝗲 𝗴𝗲𝘀𝘁𝗲𝗶𝗴𝗲𝗿𝘁!
Vor allem Prognosen mit einer fehlerhaften Ursachenanalyse führen dann die „Player“ auf diesem Finanz-Spielfeld zu Handlungen, die die negativen Auswirkungen der Prognose für sie persönlich verhindern sollen.
Das Ergebnis: Es muss nicht in der berühmten self-fulfilling-prophecy enden. Aber oft werden Situationen durch die 𝗻𝗲𝗿𝘃ö𝘀𝗲 „𝗛𝗲𝗿𝗱𝗲“ (Medien & Player) viel schlimmer gemacht.
Ich würde jedem Unternehmer und Entscheider stehts empfehlen, sich 𝗻𝗶𝗰𝗵𝘁 𝗱𝘂𝗿𝗰𝗵 𝗱𝗶𝗲 „𝗛𝗲𝗿𝗱𝗲“ 𝘇𝘂 𝗙𝗲𝗵𝗹𝗲𝗻𝘁𝘀𝗰𝗵𝗲𝗶𝗱𝘂𝗻𝗴𝗲𝗻 zwingen zu lassen!
Sie können durchaus Trends folgen. ABER: Ihre eigene Analyse muss zu den gleichen Schlüssen kommen!
Mein Rat wäre deshalb: Verfolgen Sie Trends langfristig und lassen Sie sich nicht durch punktuelles „Herden-Geschrei“ von dem Kurs abbringen, der auf Ihr eigenes Unternehmen zugeschnitten ist.
Zugegeben, CEOs von börsenorientierten Unternehmen haben leider kaum diese Möglichkeit, denn sie müssen zu sehr auf Quartalsberichte und Kurse schauen. Sie als Mittelständler können diese Karte aber voll ausspielen.
Je unklarer sich zukünftige Entwicklungen darstellen, für umso wichtiger halte ich es, in Szenarien zu denken, fertige Pläne für unterschiedliche Entwicklungen „in der Schublade“ zu haben, sich mit anderen Unternehmen und Unternehmern zu vernetzen und auszutauschen.
Mein Praxistipp
Abonnieren Sie – neben den entsprechenden Fachzeitschriften – Newsletter, RSS Feeds und Trendbarometer von spannenden Websites und Blogs aus Ihrer Branche oder zu Ihren Produkten. Treten Sie entsprechenden Gruppen in sozialen Netzwerken wie LinkedIn oder XING bei. Auch dort erhalten Sie Gruppennewsletter zu aktuellen Einträgen und Diskussionen. So sind Sie immer über die neuesten Themen und Entwicklungen auf Ihrem Gebiet informiert.
Folgen Sie den Seiten und Newslettern führender Zukunftsforschungsinstitute wie etwa dem
- von Matthias Horx gegründeten ZukunftsInstitut (www.zukunftsinstitut.de)
- dem Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (www.izt.de)
- dem WOIS-Institut (www.wois-innovation.de) oder
- der Future Management Group (www.futuremanagementgroup.com)
Insbesondere empfiehlt es sich, die von den entsprechenden Instituten regelmäßig veröffentlichten und aktualisierten Megatrends „auf dem Schirm“ zu haben – und sich in gemeinsamen Workshops darüber Gedanken zu machen, welche Implikationen diese Trends auf das eigene Geschäftsmodell haben können – im Positiven wie im Negativen.
Trendanalyse
Ein wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist die Analyse von Trends, deren Kenntnis für eine erfolgreiche Strategieentwicklung unerlässlich ist. Um frühzeitig von aktuellen und zukünftigen Trends zu erfahren ist es wichtig, die Branche im Auge zu behalten. Dafür eignen sich die Fachpresse, Messen und Ausstellungen sowie Blogs und andere Internetquellen.
Die Kunst besteht darin, Trends zu erkennen, in ihrer Relevanz zu bewerten und gegebenenfalls zeitnah zu adaptieren.
Es gibt viele Modelle und Methoden, die ein strukturiertes Auseinandersetzen mit „Zukunft“ ermöglichen, so z. B. die folgenden beiden bekannten:
- Die „Blue Ocean Strategy“ von Renée Mauborgne und W. Chan Kim
- Auch das „Eltviller Modell“ von Pero Micics Future Management Group
Vor dem Hintergrund der bereits erwähnten, sich in rasender Geschwindigkeit wandelnden Welt, greifen wir bei Milz & Comp. aktuell bevorzugt auf eine andere Workshop-Methodik zurück.
Angefangen mit der Pandemie 2020, die Einschränkungen in vielen Geschäftsmodellen mit sich brachte (z. B. Messe, Catering, Gastronomie, …), Mobilität beeinträchtigte (Tourismus, Hotellerie, Fliegen, Autovermietung, …), aber auch neue Geschäfte rund um die Digitalisierung hervorbrachte, bis hin zum Ukraine-Krieg, der neben unsäglichem Leid ebenfalls ganz neue wirtschaftliche Beschränkungen mit sich bringt, sehen wir, dass sich Entwicklungen quasi „über Nacht“ ergeben – oder auch verschließen können.
Aus diesem Grund arbeiten wir mit der von Jacobides und Reeves (siehe Abbildung) vorgestellten Strukturierungslogik, die es gestattet, an nur einem – gut moderierten – Workshoptag mithilfe verschiedener Arbeitsgruppen unterschiedliche Entwicklungen, Folgen – und sich daraus für das jeweilige Geschäftsmodell ergebende Businesschancen und -risiken – abzuleiten.
Megatrend-Map. (Mit freundlicher Genehmigung von © Michael G. Jacobides, Martin Reeves, Harvard Business Manager 11/2020. All Rights Reserved)
Am Ende des Workshoptages stehen – neben dem in der Abbildung dargestellten beispielhaften Vorgehen – stets
- eine Priorisierung der drei bis fünf als höchst wahrscheinlich einzustufenden aktuellen Geschäftsrisiken nebst
- sich anschließender Risiko-Bewertungsmatrix, wie mit diesen umzugehen ist
- eine Bewertung und Priorisierung der drei bis sieben attraktivsten „neuen Geschäftschancen“ inkl. Grob-Businessplan über Kosten und Nutzen der Realisierung genannter Chancen sowie
- ein „Wer-macht-was-bis-wann?“-Plan – ein Maßnahmenplan auf der Zeitachse.